Unsere Senegalreise im April 2023

Wir hatten dieses Mal auch Zeit für das Gespräch mit den Frauen in den Dörfern. Der erste Lehrgang hat die Berufsschule Diattacounda erfolgreich absolviert.

Coronabedingt, nach drei Jahren, war im November 2022 erstmals wieder eine Gruppe des Förderkreises vor Ort. Dr. med. Angelika Groß, Christian Kosak sowie Gottfried und Stefan Kölbl konnten erleben, was mit den Spenden alles geschaffen worden ist: Eine funktionierende Berufsschule in Diattacounda, zehn Dörfer, denen wir ein Gartenbau-Projekt ermöglicht haben. Diese zehn Dörfer haben sich zur Kooperative FELCAS zusammengeschlossen. Der Besuch war von stimmungsvollen Feiern des Dankes geprägt. Alles super organisiert von unserem Projektpartner Elhadji Francois Diouf. Er hat wirklich Großes in der Zeit unserer Abwesenheit geleistet. Trotz Corona-Beschränkungen. Dafür ihm ganz herzlichen Dank an dieser Stelle!

Schon 2022 war allen klar, dass das Gespräch, vor allen mit den Frauen in den Dörfern, die diese Projekte betreiben, zu kurz kam. Ein Fragezeichen blieb bei uns hinsichtlich des Vorhabens zurück, aus Kostengründen Elektriker in nur sechs Monaten ausbilden zu wollen. Der geplante Kauf eines Traktors war immer noch nicht zu Stande gekommen. Weitere Dörfer baten um eine Unterstützung für ihr geplantes Gartenbau-Projekt. So machten sich im April 2023, also noch vor der Regenzeit, Stefan Kölbl und seine Partnerin Elena Jost (seit November 2023 Elena Kölbl und neues Mitglied des Leitungsteams) auf den Weg.

Unser Besuch der Schule in Bambadalla. (Foto: Elena Jost)

Es ist immer wichtig, auch Projekte zu besuchen, die schon vor Jahren initiiert wurden. So hat eine Allgäuer Familie in 2017 den Bau der Buschschule in Bambadallah ermöglicht. Der Staat hat inzwischen drei weitere Gebäude errichtet, so dass jetzt dort ein ganz normaler Unterricht für sechs Jahrgänge stattfinden kann. Die Klassen sind übervoll. Das Foto zeigt nur die Kinder aus "unserem" Schulgebäude. Über einen "Weltmeisterschafts"-Fußball haben sich Schülerinnen und Schüler sehr gefreut.

Die Klassen sind übervoll! (Foto: Stefan Kölbl)

Der Besuch des vom Förderkreis 2020 unterstützten Gartenbau-Projekts im Dorf Cossi begeisterte uns. Wir konnten eine große Palette von Gemüsen und Früchten sehen, die kurz vor der Ernte waren. Man gab uns den Wunsch mit, Unterstützung für einen leistungsfähigeren Brunnen zu bekommen. Der Leitungskreis hat inzwischen den Kostenvoranschlag mit 908 Euro akzeptiert, das Geld ist schon im Senegal.



Die Frauen von Cossi stellen "Fleur de Sel" aus dem Wasser des Casamance-Flusses her. (Fotos Stefan Kölbl)

In Cossi zeigten uns die Frauen auch stolz, wie sie aus dem herbeigeschleppten Wasser Salz herstellen. Die Frauen haben den Plan, eine Hühnerfarm aufbauen. Eier und Fleisch sind Mangelware. Dafür müssen sie aber noch viel Salz verkaufen, um ihr Ziel zu erreichen.

Im Dorf Kignine hat der Förderkreis auch im Jahr 2020 ein Gartenbau- Projekt unterstützt. Die Leiterin Mabintou Diatta kannten wir bereits von der letzten Reise. Auch diese Frauen sind sehr rührig, man baut vor allem Reis, Piment und Mais an. Bei einer Versammlung, an der auch der Bürgermeister Malimine Gomis teilnahm, wurde ebenfalls der Wunsch geäußert, Unterstützung bei einem leistungsfähigeren Brunnen mit Pumpe zu bekommen, um die Felder zu vergrößern. Wir vereinbarten, den Wunsch zu Hause vorzutragen, mit der Bedingung, dass die Gemeinde die Pumpe bezahlt. Auch diese Finanzierung ist inzwischen genehmigt.

Die Leiterinnen in Kignine (3.von rechts Mabintou Diatta) Handschlag mit dem Bürgermeister

Im Dorf Thiar, das auch schon die Gruppe im November 2022 besucht hatte, und das durch seine vielen Ideen in Erinnerung blieb, erfuhren wir, dass nach der Cashew-Ernte mit dem Zaun begonnen wird. Freilaufende Haustiere haben sich hier immer wieder über die tolle Futtermöglichkeit gefreut. Nicht zur Freude der Frauen, die schon mal aufgeben wollten. Jede der 150 Frauen wollte zwei Holzpfähle liefern. Man ist noch nicht Mitglied der Kooperative, bat aber darum, ebenso den Traktor einsetzen zu können. Die Frauen hatten damals geschildert, dass sie mit einem Kleinkredit des Förderkreises angefangen hätten, Batikstoffe, Seife, Waschmittel, Honig und Piment-Soße herzustellen. Ein vier Hektar großes Areal wird jetzt eingezäunt und soll intensiv bewirtschaftet werden. Die heutigen Anbau-Möglichkeiten reichten nicht dafür aus, eine sichere Lebensmittel-Versorgung übers ganze Jahr zu haben.

Elena Jost, Stefan Kölbl, Elhadji Francois Diouf Die bisherige Leiterin des Projekts Adama Dobossi (rechts) (Fotos Privat) und die neue Leiterin des Projekts Maimouna Dacosta

Sehr interessant war das Gespräch mit einer englischsprachigen Frau aus Gambia, die wir in Thiar trafen. Ohne Dolmetscher konnten wir ihr die Frage stellen, die bei fast allen Vorträgen kommt: "Was machen eigentlich die Männer?". Umringt von mehreren Frauen, die zunächst selber heftig darüber diskutierten, kam heraus, dass sie die Hauptlast der Familie zu tragen haben. Sie beginnen mit der Arbeit, wenn es noch dunkel ist. Kinder, Frühstück, Haushalt. Dann arbeiten sie aber auch noch viele Stunden auf dem Feld der Kooperative. Und wenn es Nacht wird, gibt es die zweite Mahlzeit.. Die Männer arbeiten oft nur zeitweise, z.B. bei der Cashew-Ernte. Auch für das Vieh sind sie zuständig. Der Eindruck bestätigte sich, dass die Frauen nicht als gleichberechtigt gesehen werden. Mit der Arbeit der Frauen im Gartenbau ist oft erst gewährleistet, dass die Familie immer etwas zum Essen hat. Wir hatten den Eindruck, dass die Frauen - zumindest ohne Schulbildung - glauben, diese Rolle sei ihnen von ihrer Religion her, dem Islam, zugedacht! Das bestärkt uns umso mehr, dass Schul- und Berufsausbildung - gerade für Frauen - sehr wichtig ist, um ihnen in der Gesellschaft den Platz zu geben, der ihnen zusteht.

Mehrfach besuchten wir die Berufsschule in Diattacounda. Wir hatten nochmal einen Photovoltaik-Lehrkoffer dabei, sodass jetzt noch mehr Gruppen unterrichtet werden können. Der aktuelle Kurs war gerade im sechsten Monat der Ausbildung, und wir waren begeistert, mit welcher Sicherheit Schülerinnen und Schüler komplizierte Schaltungen gelöst haben (Foto). Nicht Elektriker in unserem Sinn werden die Schule verlassen. Aber Handwerker, die Module auf Hütten und Häusern installieren können, sodass die Menschen eine Stromquelle z.B. für Licht, Radio oder Handy haben.

Installation des Lehrkoffers, einem Geschenk der Berufsschule Kempten, mit PV-Lehrer Yaya Badji. Begrüßung des Landwirtschafts- Lehrers Demba Diatta (Fotos Elena Jost)

Auch der Fortschritt der Landwirtschaftsklasse war beachtlich. Inzwischen gibt es für den Landwirtschaftsunterricht viele Neuanmeldungen aus den Gartenbau-Projekten (Foto Absolventen mit Anfängern). Leider war immer noch nicht die Subventionierung des Schulgelds von 30 Euro im Monat gelöst. Solange sind weiter Spenden erforderlich, um vor allem auch Mädchen die Teilnahme zu ermöglichen.

Freude bei den Frauen der Kooperative - Freude auf Einnahmen beim Buchhalter von Avancee, Ibrahima Cissé, (links), mit dabei Youssoupha Mané (rechts), Lehrer, Dolmetscher und wichtiger Mitarbeiter der Kooperative

Ein Fest besonderer Art war die Übergabe eines Traktors an die Kooperative FELCAS in Binanconding. Ende gut - alles gut kann man da sagen. Schließlich konnte man doch von einem Marabout einen gebrauchten (indischen) TAFE 1002 für 37.000 Euro (27.000 Euro vom Förderkreis, 10.000 Euro von Avancee) kaufen. Es ist eine im Senegal häufig anzutreffende Marke. Der Traktor wird die Arbeit der Frauen erheblich erleichtern und auch die Anbau-Möglichkeiten erweitern. Die Kooperative ist jetzt so aufgestellt, dass sie aus Überschüssen weitere Dörfer unterstützen kann.

Zur Traktor-Übergabe war auch ein Reporter gekommen. Die Berufsschule macht auch in den Dörfern Werbung.

(Alle Fotos Elena Jost und Stefan Kölbl)

Noch etwas zur Politik: Anfang des Monats Juni 2023 gab es im Senegal Unruhen. Der aussichtsreichste Oppositionskandidat für das Präsidentenamt, Ousmane Sonko, der Bürgermeister von Ziguinchore/Casamance, war wegen "Verführung einer Jugendlichen" zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden. 2024 sind Wahlen. Schnell wurde das als "Hilfe" für den aktuellen Präsidenten Macky Sall gewertet. Sonko ist bei Jugendlichen und Ärmeren mit seiner Partei PASTEF sehr beliebt. Er prangert die Korruption und die Unfähigkeit der Regierung an, soziale Gerechtigkeit herzustellen. Senegal hat wohl eine gute wirtschaftliche Entwicklung, aber nur Wenige profitieren davon. Es ist sicher eine positive Folge besserer Schulbildung, dass vor allem die vielen jungen Menschen jetzt den Staat auffordern, auch ihre Interessen zu sehen und ihnen eine Perspektive im Land zu bieten. (Information Elhadji Francois Diouf, Foto Süddeutsche Zeitung)

Elena Jost(seit November 2023 Elena Kölbl) und Stefan Kölbl

Liebe Senegalfreundinnen und -freunde, Ihr seht, dass wir weiter daran arbeiten, eine nachhaltige Hilfe zur Selbsthilfe aufzubauen. Das Ziel dabei ist es, dass die Projekte eines Tages ohne unsere Hilfe auskommen. Aber auch, dass die Menschen eine Zukunft im eigenen Land sehen. Unsere Brücke christlicher Solidarität zeigt auch dem Staat, was man machen müsste, um der Armut zu entkommen! Vielen Dank für Euer Interesse und Eure Unterstützung!